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Zur Geschichte der Ziesler-Turnhalle
Das Gebäude der heutigen Ziesler-Turnhalle in Sebnitz (Zieslerstr. 1) gehörte Anfang der zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts dem Sebnitzer Kaufmann Karl Peschke. Er nutzte es für Wohnzwecke und als Lagerhalle. Irgendwie geriet jedoch sein Geschäft in Schwierigkeiten, so dass er Konkurs anmelden musste. Aus der Konkursmasse erwarb das Haus im Herbst 1924 die wenige Wochen zuvor am 06. September 1924 gegründete Jahngemeinde Sebnitz.
Die Jahngemeinde war ein Turnverein, der im Sinne des Sebnitzer Advokaten und Stadtrichters Friedrich Wilhelm Ziesler wirkte. Er wollte, wie es Ziesler 1847 bei der Gründung des ersten Turnvereins in Sebnitz formuliert hatte: "frei von allen politischen Bestrebungen durch planmäßige und anhaltende Leibesübungen wie durch Belehrung über den Wert der Turnkunst das körperliche Wohlsein der Turnenden" fördern und "zu einer freien Entwicklung des Geistes" beitragen und dadurch zur Herausbildung eines körperlich wie geistig gesunden und kräftigen Geschlechtes hinwirken.
Der Jahngemeinde gehörten angesehene Persönlichkeiten von Sebnitz an. Bereits einen Monat nach ihrer Gründung zählte sie 72 Mitglieder. Erster und langjähriger Vorsitzender war der Amtsgerichtsrat Dr. Kurt Kemnitzer.
Als Sprachrohr gab die Gemeinde eine Zeitschrift heraus, die der Lehrer Alwin Kutschke betreute.
Das Gebäude an der Zieslerstraße wurde bis zum Herbst 1925 von den Mitgliedern der Jahngemeinde als Veranstaltungsraum und Turnhalle ausgebaut. Außerdem befanden sich in ihm zwei Wohnungen, die vermietet wurden. Nach der Einweihung am 25. September 1925 bildete sie das Zentrum der Vereinsarbeit.
Als in den dreißiger Jahren die Mitgliederzahl zurückging, reifte der Gedanke der Auflösung. Bei der Mitgliederversammlung am 24. März 1935 stellte man fest, dass die Jahngemeinde "ihren Sinn erfüllt hat. Sie mündet in die große Bewegung Adolf Hitlers". Daher beschloss man noch am gleichen Abend die Auflösung und den Verkauf des Gebäudes für 11.200 Mark an die Stadtgemeinde Sebnitz, die es von nun an als "Haus der Jugend" der Hitlerjugend zur Verfügung stellte. Diesem Zweck diente es vermutlich bis 1945.
Anfang der fünfziger Jahre zog die Kreisleitung Sebnitz der Gesellschaft für Sport und Technik (GST) ein. In deren Händen blieb es bis zum Frühjahr 1989.
Manfred Schober
Heimatmuseum Sebnitz
Herausgegeben im Grenzblatt am 09.10.1991
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